Phillips letztes Geschenk (German Edition) by Christiane Lind

Phillips letztes Geschenk (German Edition) by Christiane Lind

Autor:Christiane Lind [Lind, Christiane]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9781503942509
Herausgeber: Amazon Publishing
veröffentlicht: 2016-11-07T23:00:00+00:00


KAPITEL 13

Tag nach dem ersten Advent

Seltsam, dass ich nicht zugenommen habe. Zum ersten Mal seit Phillips Tod schaute Carolin sich lange im großen Spiegel an, der auf dem Flur stand. Ihr anthrazitfarbenes Kostüm saß eng, aber ohne zu kneifen. Sie drehte sich einmal um sich selbst, schaute, ob der Rock hinten anlag. Perfekt. Nur ihre dunklen Haare sahen pflegebedürftig aus. Der Schnitt war herausgewachsen und die Spitzen sahen stumpf aus, als wären sie gebrochen. Einen Friseurtermin würde sie auf die Schnelle nicht mehr bekommen. Mit etwas Schaumfestiger versuchte sie Form in die ausgewachsene Frisur zu kneten. Das musste reichen.

Nun, wo sie sich endlich zu einer Entscheidung durchgerungen hatte, wollte sie wenigstens gut angezogen sein. Ihr Herz schlug schneller und ihre Lippen fühlten sich wieder trocken an. Ich kann auch noch eine Woche warten. Es eilt ja nicht. Nein! Auch wenn ich es noch weiter hinauszögere, es wird ja nichts ändern. Mein Entschluss steht fest.

»Benimm dich, solange ich weg bin«, sagte sie zu dem Katerchen und strich ihm über den Kopf. Wie immer schmiegte er sich schnurrend an ihre Hand. »Gardinen sind kein Klettergerüst. Und der Adventskranz ist kein Schlafplatz.«

Miarf, antwortete der Kater, als hätte er sie verstanden. In den vergangenen Tagen hatte sich Carolin mehrfach dabei ertappt, dass sie mit dem Tier redete, als begriff es, was sie sagte. Ich werde wohl doch noch eine seltsame Katzenfrau, hatte Carolin gedacht, aber lächeln müssen.

Mörgh, machte der Kater, als wollte er verhindern, dass sie ihn verließ.

Wahrscheinlich hat er nur Hunger. Dem Tier ist völlig egal, ob ich da bin oder nicht, solange er nur sein Fressen bekommt. Obwohl – zu den Studentinnen ist er weniger zutraulich als zu mir.

Bevor Carolin ging, überprüfte sie noch einmal, ob alle Fenster geschlossen waren. »Kippfenster sind schon für viele Katzen tödlich gewesen«, hatte Tanja ihr gesagt, die gemeinsam mit Carolin die Wohnung nach katergefährdenden Gegenständen abgegangen war. Nein, alles war in Ordnung. Die Wasserschüsseln waren gefüllt, die Fenster verriegelt, die Blumen außer Reichweite des Katers. Nach kurzem Überlegen verstaute sie den Adventskranz, den ihr die Studentinnen geschenkt hatten, im Wohnzimmerschrank.

Abschließend stellte sie dem Kater eine Schüssel mit Trockenfutter hin, bevor sie die Wohnung verließ. Kaum hatte sie hinter sich abgeschlossen, drehte Carolin sich um, schloss die Tür wieder auf und überprüfte alles noch einmal.

»Was ist denn nur mit mir los?« Sie schüttelte den Kopf. »Was kann denn schon passieren. Inzwischen kennen ihn alle im Haus und werden sich um ihn kümmern, wenn er wieder ausbüxt.«

Wahrscheinlich lag ihre Nervosität an der Entscheidung, die sie nun endlich getroffen hatte. Auch wenn Carolin überzeugt davon war, dass sie das Richtige tat, so schlug ihr Herz schneller. Was hätte Phillip gesagt, hatte sie sich in den vergangenen Tagen wieder und wieder gefragt. Hätte er mich unterstützt oder hätte er mir abgeraten? Sie hatte nicht lange überlegen müssen. Phillip war jemand gewesen, dem eine wunderbare Balance zwischen Träumen und Verantwortung gelang. Er hatte in seinem Traumberuf gearbeitet, auch wenn er – da war sich Carolin sicher – mit einem anderen Job sehr viel mehr hätte verdienen können.



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